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Florians Lehrerin schreibt:
Ein Schüler, der täglich von
der Mutter zur Schule gebracht wurde. Am liebsten blieb er dort stehen,
wo er aus dem Auto stieg; der Gang auf den Schulhof fiel ihm offensichtlich
schwer.
Beim Klingelzeichen ging er direkt
– ohne irgendeine Kontaktaufnahme zu seinen Mitschülern – in seine Klasse,
direkt auf seinen Platz, den er gerne in der letzten Reihe in der Ecke
auswählte.
Einige Male entging er dem Schulstress,
indem er während der Unterrichtszeit in die Stadt auswich. („Dort war
es langweilig“ – seine Aussage heute)
Während der Pausen stand er fast
immer an eine Wand gelehnt, wobei er kaum Kontakte aufnahm, - auch kaum
Blickkontakte. Er schaute einfach auf die Erde, die Hände in den Taschen
versteckt, - passiv, isoliert.
Nahmen Mitschüler zu ihm Kontakt
auf, konnte er sich kaum altersgemäß einbringen, entweder zog er sich
völlig zurück oder er spielte den Clown. Häufige Hänseleien von Seiten
seiner Mitschüler waren an der Tagesordnung.
Sportstunden:
sehr unbeliebt für ihn. Er vermied diese Stunden, indem er sich versteckte.
Seine Bewegungen waren wenig koordiniert, er hatte kaum Regelverständnis,
kein Interesse an Spielen.
Kunst:
kaum eine Arbeit wurde vollendet, sachgerechter Umgang mit Materialien
(Schrere, Klebstoff, Farben) waren ihm nicht vertraut; er zweckentfremdete
sie häufig.
Er konnte kein Blatt gliedern. Seine Schrift war verkrampft,
er konnte kaum den Heftrand einhalten. Ohne Linien schrieb er quer über
das Blatt. Seine Hefte waren waren häufig „verschwunden“, weil sie so
unordentlich waren. Seine Bücher waren auf vielen Seiten bemalt, überschrieben,
zerrissen.
Heute:
Ein Schüler, der morgens aufrecht auf den Schulhof
marschiert, frei auf seine Mitschüler zugeht, Gespräche beginnt....
Er steht frei, benötigt keine Wand.
Kein Schulschwänzen mehr. Er kommt häufig mit dem
Rad zur Schule.
Er betritt den Klassenraum sicher und selbstbewußt:
Guten Morgen, hier bin ich. Was liegt an? Das kann ich!
Pausen:
Er beteiligt sich an Pausenaktivitäten, - er reagiert nicht nur, er agiert.
Er wird kaum noch gehänselt und beleidigt, da er sich adäquat mit seinem Gegenüber auseinandersetzt.
Sport:
Beteiligt sich an den Sportstunden, versucht, die Stunde durch seine
Vorschläge zu beeinflussen, geht aber auch Kompromisse ein. Bewegungen werden deutlich fließender.
Schrift:
Deutlich unverkrampfter, flüssiger, Hefte und Bücher sind ordentlicher geführt.
Ein Schüler, der Spaß an der Arbeit findet und stolz auf seine Erfolge hinweist.
Unterrichtsgespräch und Sozialverhalten:
Florian ist ein wertvoller Gesprächspartner geworden, der sensibel und
aufgeschlossen ist. Die Klasse schätzt ihn sehr.
Er zeigt Interessen, formuliert Ideen, kann sachlich bleiben, kann auf
Mitschüler direkt und angemessen eingehen, zeigt aber auch Emotionen.
Er kann mit allen im Kreis sitzen und den Gesprächspartner ansehen.
Florian ist 16 Jahre alt und diagnostizierter Autist. Er
erhielt seine Irlen Filter im April 1999. Alle beschriebenen Änderungen
des Verhaltens vollzogen sich in den vergangenen 7 Monaten.
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